Regionale Fortbildung zur Organspende

Lehrerfortbildung zur Organspende: Einblicke in Medizin, Religion und Ethik

In einer eindrucksvollen Fortbildungsveranstaltung versammelten sich Lehrerinnen und Lehrer aus der gesamten Oberpfalz an der Realschule Neutraubling, um sich vertieft mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen. Unter dem Titel „Organspende im Spannungsfeld von Medizin, Religion und Ethik“ bot die Veranstaltung ein hochkarätiges Programm mit renommierten Referenten aus den Bereichen Medizin, Rechtswissenschaften, Theologie und Ethik.

Die Teilnehmenden wurden von Dr.med. Jutta Weiss von der DSO, einer Expertin für Transplantationsmedizin, über den aktuellen Stand der Organtransplantation in Deutschland informiert. Dr. Weiss betonte, dass die Zahl der Organspenden in den letzten Jahren leicht angestiegen sei, jedoch immer noch nicht ausreiche, um den Bedarf zu decken. Jährlich stünden rund 8.500 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für ein lebensrettendes Organ – eine Zahl, die verdeutlicht, wie dringend das Thema weiterhin ist. Besonders herausfordernd sei die niedrige Bereitschaft zur Organspende, weshalb umfassende Aufklärungsarbeit unerlässlich bleibe. Der rechtliche Rahmen der Organspende wurde von Frau Regierungsrätin Katharina Höfling, Juristin für Gesundheitsrecht am Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention, detailliert beleuchtet. Sie stellte die rechtlichen Regelungen des Transplantationsgesetzes dar und erklärte die derzeit geltende Entscheidungslösung, bei der Bürgerinnen und Bürger aktiv einer Organspende zustimmen müssen. Frau Höfling verwies auf die Debatten um mögliche Alternativen, wie die Widerspruchslösung, die in anderen Ländern bereits erfolgreich praktiziert werde. Theologische und ethische Dimensionen brachte die Theologin Frau Mag. Theol. Maria Pilz vom Lehrstuhl für Moraltheologie der Uni Regensburg ein. Sie diskutierte, wie unterschiedliche Glaubensgemeinschaften das Thema Organspende beurteilen, und hob hervor, dass viele Religionen Organspenden als Akt der Nächstenliebe betrachten. Zugleich gebe es innerhalb religiöser Gemeinschaften auch ethische Fragen, insbesondere zum Thema der postmortalen Organspende und der Definition des Hirntodes. Sie ergänzte die Diskussion mit Überlegungen zur Autonomie des Einzelnen und zur moralischen Verantwortung gegenüber der Gesellschaft.

Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die Live-Schaltung in den Bundestag nach Berlin, bei der der Bundestagsabgeordneter Peter Aumer die aktuellen gesetzgeberischen Entwicklungen im Bereich Organspende erläuterte. Er berichtete von den jüngsten Debatten zur Verbesserung der Aufklärung und der Erleichterung der Registrierung von Organspendern, sowie von geplanten Maßnahmen zur Erhöhung der Spenderzahlen. Die Teilnehmenden verfolgten aufmerksam die Schilderungen und diskutierten im Anschluss, wie die aktuellen politischen Vorhaben in der schulischen Aufklärungsarbeit eingebettet werden könnten.

Im Rahmen der Lehrerfortbildung zum Thema Organspende sorgten zwei Fachvorträge für besondere Aufmerksamkeit und berührende Momente: Ein Nephrologe und ein Herzchirurg von der Uniklinik Regensburg gaben tiefe Einblicke in die medizinischen Abläufe und Herausforderungen einer Lebendnierenspende sowie einer Herztransplantation. Begleitet wurden die Vorträge von persönlichen Erfahrungsberichten zweier Patienten, die eindrücklich schilderten, wie diese Eingriffe ihr Leben veränderten. Der Vortrag des Nephrologen Prof. Dr. med. Banas widmete sich den medizinischen und ethischen Aspekten der Lebendnierenspende. Er erläuterte, dass die Lebendspende in vielen Fällen die beste Behandlungsoption für Menschen mit Nierenversagen sei, da die Transplantation von einer lebenden Spenderin oder einem lebenden Spender oft mit einer besseren Organfunktion und einer längeren Haltbarkeit der Niere verbunden sei. Die meisten Spender kämen aus dem engen Familienkreis oder seien enge Freunde der Betroffenen. Prof. Dr. med. Banas legte dabei besonderen Wert auf die umfassende medizinische und psychologische Vorbereitung beider Seiten sowie auf die ethischen Implikationen und den Schutz der Spender. Im Anschluss an Prof. Banas Vortrag berichtete Herr Jürgen Hagebuch, wie ihm seine Ehefrau vor zwei Jahren eine Niere gespendet hatte. Die Entscheidung sei für beide nicht leicht gewesen, aber nach eingehender Beratung hätten sie den Schritt gemeinsam gewagt. Herr Hagebuch schilderte die emotionale Belastung während der Vorbereitung und die Hoffnung auf eine bessere Lebensqualität. Heute fühle er sich „wie neugeboren“ und sei seiner Frau zutiefst dankbar. Ihre Beziehung habe durch diese Erfahrung an Tiefe gewonnen, und er könne ein normales Leben führen.

Der zweite Vortrag wurde von dem Herzchirurgen PD Dr. med, Zdenek Provaznik gehalten, der den komplexen Ablauf und die Herausforderungen einer Herztransplantation erklärte. Dabei betonte er, dass Herztransplantationen nur dann durchgeführt werden, wenn alle anderen Behandlungsoptionen ausgeschöpft seien und das Leben der Patientinnen und Patienten akut bedroht sei. PD Dr. med. Provaznik erläuterte die Wartezeitproblematik und die Dringlichkeitskriterien, die bei der Vergabe von Spenderherzen berücksichtigt werden. Anschließend sprach Herr Werner Faust, der vor fünf Jahren ein neues Herz erhalten hatte, über seine Erfahrungen. Vor der Transplantation habe er kaum noch selbstständig atmen können und jeden Tag ums Überleben gekämpft. Der Anruf, dass ein passendes Spenderherz für ihn bereitstünde, sei wie ein „zweiter Geburtstag“ gewesen. Er schilderte die anstrengende Zeit der Rehabilitation und die lebenslange Notwendigkeit von immunsuppressiven Medikamenten, die ihn vor einer Abstoßung des Organs schützen. Trotz der Herausforderungen sei er heute voller Dankbarkeit und empfinde tiefe Demut gegenüber dem unbekannten Spender und dessen Familie. „Dieses Herz hat mir das Leben zurückgegeben“, sagte er und ermutigte die Zuhörenden, sich intensiv mit der Organspende auseinanderzusetzen.

Die Erfahrungsberichte machten die medizinischen Vorträge lebendig und veranschaulichten, was eine Organspende für Betroffene bedeutet – nämlich die Chance auf ein neues Leben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fortbildung zeigten sich sichtlich bewegt und bedankten sich bei den Referenten und Patienten für ihre Offenheit. Insgesamt vermittelte die Fortbildung den Lehrkräften umfassende Einblicke in die komplexen Dimensionen der Organspende und gab Impulse für die weitere Thematisierung im Unterricht. Die Veranstaltung unterstrich die Bedeutung interdisziplinärer Perspektiven und betonte die Notwendigkeit einer breiten gesellschaftlichen Auseinandersetzung, um Leben zu retten.